Das Set LEGO Architecture 21009 Farnsworth House im Classic Review: Eine frühe Perle der Architecture-Reihe.
Ich bin großer Fan der Moderne, einer architektonischen Stilrichtung, die durch ihre neuen Ideen und ihre Schlichtheit hervorsticht. Erstmals in der Geschichte wurde der Gestaltung eines Gebäudes dessen Funktion untergeordnet. Die Nutzung sollte nicht durch die gestalterischen Elemente beeinflusst werden. Erwähnenswerte Gebäude der Moderne gibt es einige, leider liest man aber aktuell viel darüber, dass es nur noch sich wiederholende LEGO Architecture Sets gibt, wie zuletzt das Empire State Building (Set 21002 erschienen im Jahr 2009, 21046 in 2019) oder ganz aktuell das Weiße Haus (21006 aus 2010, 21054 aus 2020).
Aus diesem Grund möchte ich euch ein LEGO Architecture Set eines großen Architekten der Moderne vorstellen und zeigen, dass LEGO auch anders konnte: das Farnsworth House 📖 von Ludwig Mies van der Rohe. Hierbei handelt es sich um das zehnte Set der Architecture-Reihe mit der Setnummer 21009, das im Jahr 2011 erschienen und heute leider nicht mehr regulär erhältlich ist.
Inhaltsverzeichnis
Das Vorbild
Das Gebäude liegt in der Nähe von Chicago in den USA auf einem großen Naturgrundstück direkt an einem Fluss. Erdacht und erbaut von 1945 bis 1951 ist es in vielerlei Hinsicht spektakulär: so ist es eines der ersten Beispiele für den sogenannten „fließenden Grundriss“, bei dem eigentlich getrennte Nutzungen wie Schlafzimmer oder Küche eben nicht direkt durch Wände getrennt werden. Das Gebäude umfasst somit nur einen einzigen Raum, lediglich die zwei kleinen Bäder liegen abgetrennt hinter jeweils einer Tür, die auch noch als Schrank getarnt werden und dadurch nicht hervorstechen. Die Nutzungen gehen ineinander über, verschwimmen miteinander und funktionieren so, wie es der Bewohner gerade benötigt.
In der Mitte des großen Raumes gibt es einen Kern, der auf der einen langen Seite die Installationen für die Küche beherbergt, auf der anderen Seite den Kamin und auf den kurzen Seiten die beiden Bäder. Gleichzeitig wird der Grundriss durch diesen Kern in Bereiche eingeteilt, die ringsherum verteilt sind. Es gibt einen Schlafbereich, einen Wohn- und Essbereich sowie zwei große Terrassen, eine davon überdacht.
Die komplette Fassade besteht aus Glas, das bedeutet zunächst wenig Privatsphäre für den Bewohner. Mies van der Rohe wollte Innen- und Außenraum miteinander verschmelzen lassen. Wie auch schon im „fließenden Grundriss“ sollten auch hier die Grenzen des Gewöhnlichen verschwimmen. Das Leben findet nicht zentral im Innenraum statt, man ist auch stets Teil des Außenbereichs. Außerdem ist das Gebäude um 1,5 Meter vom Boden angehoben und ruht auf acht Stahlstützen. Das lässt es schwebend leicht erscheinen und der Effekt des Verschmelzens mit der Umgebung wird weiter verstärkt.
Das Modell
Aufgrund seiner eckigen Form lässt sich das Gebäude hervorragend in LEGO abbilden. Die 546 Teile verteilen sich auf einer 38 mal 22 Noppen großen Grundplatte und sind zu einem guten Teil in Weiß gehalten, ganz wie das echte Vorbild.
Es gibt haufenweise 1×1 und 2×2 Fliesen zu verbauen, gerade die beiden Terrassen, die nur aus 1×1 Fliesen bestehen, sind ein Fest für Baumeister, die gern alles gerade und ausgerichtet haben wollen. Außer den zwölf Fensterelementen gibt es keine besonderen Teile, das zeigt auch hier die doch eigentlich sehr simple Form des Gebäudes, die gerade deshalb etwas ganz Besonderes ist. Es gibt ein paar Teile in Tan und Transclear sowie Brown für den Kern in der Mitte und die Möbel, das war es auch schon.
Entsprechend einfach geht auch der Zusammenbau von der Hand, man wird nur durch das Ausrichten der Fliesen etwas ausgebremst. Schließlich steht nach etwa 1,5 Stunden Bauzeit das Farnsworth House fertig vor einem.
Die Unterschiede zum Original sind gering: so stimmt die Anzahl der Treppenstufen nicht überein, was sicher dem Maßstab anzulasten ist, und es fehlt ein kleines, aber nicht ganz unwichtiges Detail. Unter dem Gebäude gibt es ein Rohr, in dem die Anschlüsse für Strom und Wasser verlaufen. Das fehlt im Modell und wäre doch so einfach darzustellen gewesen. Aber das lässt sich gut verschmerzen – das Modell bietet doch so viel mehr.
Fazit: 21009 Farnsworth House
Ich bin ein großer Fan dieses Modells, das konnte man vielleicht schon an der ein oder anderen Stelle herauslesen. Ich mag die älteren Architecture-Sets, die noch echte Ikonen der Architekturgeschichte darstellen und da gehört das Farnsworth House in jedem Fall dazu. An der Umsetzung habe ich nichts zu mäkeln, die wenigen Unterschiede zum großen Vorbild können getrost vernachlässigt werden, da sie den Eindruck des Sets nicht schmälern. Der Aufbau fordert an der ein oder anderen Stelle (hatte ich die 1×1 Fliesen erwähnt?) etwas Geduld, geht aber wie üblich durch die hervorragende, fast zu simple Bauanleitung leicht von der Hand. Man erhält einen tollen Blickfang, der in keiner Architecture-Sammlung fehlen sollte und ein bedeutungsvolles architektonisches Gebäude darstellt, das seiner Zeit voraus war. Ein Stück Architekturgeschichte für Zuhause! Wer daran Spaß hat, kommt voll auf seine Kosten.
Eure Meinung!
Was denkt ihr über das LEGO Architecture 21009 Farnsworth House, gefällt euch das Modell und könnt ihr mit dem Gebäude etwas anfangen? Was mich persönlich interessiert, was meint ihr zu dieser Art Artikel, der auch auf die Architektur und die Idee dahinter eingeht und nicht nur auf das LEGO Set selbst? Bei Interesse würde ich gern weitere Architecture Sets vorstellen und mehr auch über die Hintergründe schreiben.
28. August 2020 um 9:19
Eine ganz wundervolle und detaillierte Vorstellung eines Meilensteins. Vielen Dank dafür, Hendrik!
30. August 2020 um 17:41
Danke für die Blumen! 🙂
28. August 2020 um 9:40
Bin ein Achitecture-Fan von Lego und Besitze sämtlich grosse Gebäude von denen (Big Ben, Tower Bridge, Chinesische Mauer, die Freiheitstatue, Empire Statue Building, Taj Mahal und das (neue) Weisse Haus).
Aber dieses Modell gefällt mir ÜBERHAUPT nicht, da bin ich lieber Fan der „alten“ Sehenswürdigkeiten und noch nicht mit dem „Modernen“ (ausser bei einer Neu Auflage des Buj Kalifa (in Gross) könnte ich vielleicht schwach werden.😏😏😏
Daher freue ich mich umso mehr auf auf das Kolosseum 🥰🥰🥰(das wahrscheinlich im November erscheint). Diese Bauwerk fehlt mir in meiner Sammlung, und wünschte es schon ewigs, dass Lego endlich diese „Kampf-Arena“ veröffentlich, so dass ich sogar mit der Konkurenz liebäugelte von Wange (5225), aber diese hässlichen Bodenplatten sehen dermassen billig aus, so das es gar nicht in meine Sammlung passte…..Daher kauft ich es nicht.
Auch wenn der Preis jenseits von Gut und Böse wird( +700 Euro, Auch wenn keine „Lizenz“ Star Wars, Automake etc.pp. wird es EXTREM TEUER WERDEN da Lego es „rechtfertigen“, dass der Kessel fast 10’000 Teile besitzt.😵😵😵……mir schwant übelst…..Ich werde mir diesen „Kessel“ kaufen aber nicht beim Relase!!!😂😂😂
28. August 2020 um 9:55
Was für eine ausführliche und interessante Review. Vielen Dank dafür. Das Farnsworth House gehört für mich auch zu den Highlights der Reihe. Leider hat es sich bisher noch nicht in der Sammlung eingefunden. Ich mage die reduzierte und puristische Bauweise der ersten Modelle sehr gerne und würde mir ein kleines bisschen „Back to the roots“ für die aktuellen Sets wünschen.
28. August 2020 um 10:03
Danke für den tollen Bericht, ich bin leider zu spät dazugestoßen, um die ‚wirklichen‘ Architecture Modelle mitbekommen zu haben. Es wäre schön, würde LEGO sich wieder in Richtung Moderne bewegen, z.B. Unité d’Habitation, Rietveld-Schröder-Haus, Bauhaus Dessau, Neue Nationalgalerie. Oder auch wirklich ‚aktuelle‘ Projekte wie das Phaeno oder die Elbphilharmonie herausbringen, das hat ja mit Ihrem eigenen Haus auch gut funktioniert. Nur ist das wohl zu sehr Nische im Vergleich zu den Souvenir und Skyline Geschichten, die aktuell unter Architecture vermarktet werden.
Und wenn sie schon dabei sind, kann das Studio auch gern wiederbelebt werden.
28. August 2020 um 10:41
Die Tatsache, dass Lego sich in der Architecture-Serie von den Ikonen der modernen Architektur losgesagt und sich dem Massenmarkt zugewandt hat, hat mich dazu bewogen, das Sammeln der Serie aufzugeben. Falling Water, Farnsworth, Savoye…wunderbare Sets. Hätte man gern so fortsetzen dürfen.
28. August 2020 um 10:54
Der Stil der Reihe hat sich wahrlich gewandelt. Wobei etwas das neue Empire State Building in meinen Augen herausragend ist. 🙂
28. August 2020 um 14:46
Die gesamte Reihe ist schön anzusehen, gar keine Frage. Die Skylines sind allesamt wunderbar realisiert. Das Empire State würde ich mir ggf noch kaufen und neben die Freiheitsstatue stellen. NYC halt, ich bin Fan ☺️ …und ausserdem ist das viel Lego für wenig Geld.
Bei Architecture wurde – vermutlich nach einem schwachen Start – erst die Zielgruppe verbreitert (was ok ist), und dann aber verändert (was schade ist, denn für die Architektur Nerds ist nix mehr dabei).
Ich hab nun wieder mehr Platz in den Vitrinen 😉👍🏻
28. August 2020 um 15:30
Ich finde die Nerds sollten mal wieder erfreut werden! 🙂
28. August 2020 um 12:34
Da bin ich ganz und gar Deiner Meinung! Die heutigen Architecture Sets sind nicht mehr vergleichbar mit den anfänglichen. Schade eigentlich.
29. August 2020 um 8:16
Ich bin auch dieser Meinung. Wenn ich mich richtig erinnere war der Designer / Architekt für diese ersten Gebäude Adam Reed Tucker. Es ist Schade, dass diese Zusammenarbeit beendet wurde, die Qualität der Auswahl hat sehr darunter gelitten. Ich zum Beispiel kann mit den Skylines überhaupt nichts anfangen.
28. August 2020 um 13:45
Ich finde Lego sollte das Eine (wieder) tun, ohne das Andere zu lassen. Wenn man die ersten Bauwerke der Architecture Reihe betrachtet, ist deutlich zu erkennen, dass der Ursprung der Idee im 3D Handwerk eines Architektur Büros lag. Kleine minimalistische Darstellungen hoher (Wolkenkratzer) Gebäude wie Willis Tower, Burj Khalifa, Space Needle, John Hancock Center, Empire State Building etc., sowie die relativ detaillierte Darstellung von Ikonen des Häuserbaus wie Falling Water (bekannt) oder (nicht so bekannten) architektonischen Meilensteinen wie dem vorgestellten Farnsworth House, dem Robie House oder der Villa Savoye. Ich würde mich freuen wenn sich Lego hier auch wieder auf die Anfänge der Architecture Reihe zurückbesinnen würde und sowohl den architektonischen Mainstream mit den Skylines und weltweit vermarktbaren Gebäuden, aber auch die nerdige Architektur-Nische mit spannenden, weniger bekannten Privathäusern, oder anderweitig gelungenen Bauwerken bedienen würde.
28. August 2020 um 17:14
Farnsworth House, Robbie House und Fallingwater waren die für mich spannendsten und interessantesten Sets der Architecture Reihe. Zum Glück war ich da schon im Thema drin. Sind alle schön in einer eigens angefertigten Vitrine zuhause aufgestellt.
Sehr bedauerlich, dass von Lego in der Richtung nichts mehr zu kommen scheint.
Das Guggenheim Museum war das letzte Set der Reihe, was mich noch so richtig begeistern konnte. Die Freiheitsstatue war auch nicht übel.
Die Städte Skylines und anderen Sets der Reihe empfinde ich hingegen als langweilig und hab sie auch nicht mehr gekauft.
Auf das Kolosseum bin ich aber nach langer Zeit mal wieder gespannt.
28. August 2020 um 19:15
Wobei man das Kolosseum weniger in die Architecture Reihe sondern eher zu den Creator Expert Bauwerken wie Tower Bridge, Big Ben, Taj Mahal und das Sidney Opera House einordnen müsste – bei angeblich über 9000 Teilen. Gespannt bin ich auch, sehr sogar.
28. August 2020 um 19:27
Genau, LEGO spricht da von den „World Buildings“ 🙂
28. August 2020 um 21:54
Vielen Dank für Deine Rezension, ich mag das Set (und das Original) auch sehr. Das zweite Guggenheim von vor einigen Jahren gehört in meinen Augen auch in die Spitzenklasse bei Architecture, gleich kriege ich eventuell Ärger, aber ich finde da die zweite Version besser als die erste.Ich persönlich träume ja von einer Architecture-Version der Cité radieuse.
30. August 2020 um 17:46
Das zweite Guggenheim gefällt mir auch sehr, das hat tolle Bautechniken und ist, vielleicht auch wegen der bedruckten Fliesen, deutlich näher am Vorbild als das erste Modell.
Allerdings finde ich am ersten Guggenheim gerade die reduzierte Optik toll. Wenige Teile und doch erkennt man sofort was das Modell darstellen soll. Das halte ich für deutlich schwieriger im Design als einfach Stumpf jedes (mögliche) Detail nachzubauen.
Gutes Beispiel dazu sind auch das erste Empire State oder der Willis Tower. Unter 100 Teile und trotzdem sieht man sofort, worum es sich handelt. Das finde ich wirklich großartig!
Mein Traum wäre ein LEGO Architecture Barcelona Pavillon…
30. August 2020 um 22:57
Den Barcelona Pavillon nähme ich sofort! Das Rietveld Schröderhuis aber auch! Ich kann Deine Argumentation zum ersten Lego-Guggenheim-Museum sehr gut verstehen, ich möchte es auch nicht missen. Die reduzierten Architecture-Modelle der frühen Jahre finden meines Erachtens in den Gebäuden der Skylines – Ärger droht auch an dieser Stelle, ich weiß – teilweise sehr stimmige Nachfolger. Chicago hat mir beispielsweise sehr gut gefallen.
1. September 2020 um 10:47
Mit den Skylines kann ich eigentlich nicht viel anfangen. Ich habe zuletzt aber New York und Dubai geschenkt bekommen und finde sie im Regal gut als Blickfang.
Allerdings sind das für mich eher Sets für Touristen, wie hier auch schon geschrieben wurde. Auch kann ich teils die Gebäudeauswahl der Skylines nicht nachvollziehen, das ist aber sicher Geschmackssache.
29. August 2020 um 12:58
Schade dass Lego die ursprüngliche Idee von Architecture aufgegeben hat … solche der breiteren Masse „unbekannten“ Architektur-Ikonen rauszubringen hatte etwas von Mut und Bereitschaft auch etwas für Nischen-Zielgruppen zu machen, einfach als cooles Liebhaberprojekt das sich die Firma leistet.
Jetzt ist das ja eher die „Tourismus-Sehenswürdigkeiten-Reihe“ … sowas kann’s ja auch geben, ist auch schön und ich kauf die auch – aber der Name passt halt nicht mehr so richtig, und das ursprüngliche Liebhaberprojekt ist leider Geschichte. Vermutlich verkauft sich das aber um Größenordnungen besser. Wenn man nach Zahlen statt nach Produkten wirtschaftet, ist das genau richtig so.