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LEGO Harry Potter 76405 Hogwarts Express – Sammleredition im Review [Update]

LEGO Harry Potter 76405 Hogwarts Express – Sammleredition

LEGO Harry Potter 76405 Hogwarts Express – Sammleredition | © Johann Härke

Auf Gleis 9 3/4 fährt der LEGO Harry Potter 76405 Hogwarts Express ein: Alle Szenen aus den Filmen und weitere Details zum Set im Review.

Update 21. November: Durch die ganzen Shopping-Artikel der letzten Tage (bald ist der Drops gelutscht), wurde etwa dieses sehr schöne und umfangreiche Review des 76405 Hogwarts Express von Johann auf der Homepage schnell nach unten durchgereicht. Deshalb ziehe ich es noch mal nach oben, damit es scheinen kann – frohes Lesen! / Andres


Artikel vom 19. November: Wirklich viele große und umfangreiche Sets sind im letzten Jahr von LEGO veröffentlicht worden. Auch die LEGO Harry Potter Themenwelt soll da natürlich nicht hintenanstehen – nach der 75978 Winkelgasse und den 76391 Hogwarts Ikonen im letzten Jahr hat sich LEGO dazu entschieden, in diesem Sommer den ikonischen Hogwarts Express zu veröffentlichen – als Austellungsmodell mit vielen Figuren und Details. Dieses Wochenende gibt es das Set mit einer Vergünstigung im Rahmen des LEGO VIP-Wochenendes. Im Folgenden stelle ich euch den Zug im Detail vor.

Unboxing

Der Bausatz erreicht einen in einem wirklich riesigen Karton – die von vorne fast quadratische Originalverpackung hat die beeindruckende Größe von 52 Zentimeter Breite, 48 Zentimeter Höhe und 22 Zentimeter Tiefe. Oben sind die im Set enthaltenen 20 Minifiguren abgebildet.

Nach dem Durchtrennen der drei Klebesigel findet man ein Gimmick – in Form einer bedruckten 8×16 Fliese in tan. Sie stellt eine Fahrkarte für den Hogwarts-Express in Originalgröße dar – eine sehr schöne Idee. Auch bei einem anderen LEGO Harry Potter D2C Set – der 75978 Winkelgasse gibt es eine „versteckte Ergänzung“.

48 Folienbeutel mit Steinen sowie vier Bauanleitungshefte fallen einem entgegen.

Bauanleitung

Die Bauanleitung ist in vier Hefte aufgeteilt. Nummer eins für die Lokomotive, zwei für den Tender sowie die Gleise, drei für den Personenwaggon und Heft vier ist für das Gleis 9 3/4 des Bahnhofs Kings Cross vorgesehen. Alle Hefte sind klebstoffgebunden und verfügen im Inneren über einige Hinweise auf versteckte Details und spannende Bautechniken im Set.

Einführung: Der „Hogwarts-Express“ im Roman

Wie kommt die magische Welt überhaupt dazu, ausgerechnet mit einem Muggeltransportmittel wie einem Zug die Schulkinder zur Schule zu befördern? In den Romanen wird diese Frage nicht beantwortet, doch J.K. Rowling hat auch dazu eine kleine Geschichte erfunden, die öffentlich im Netz zu finden ist.

Ein Muggel-Transportmittel für die magische Gemeinschaft?

Demnach erreichten die Schulkinder früher mit ganz unterschiedlichen Transportmitteln (wie fliegenden Besen) die Schule – was zwangsläufig dazu führte, dass sie von vielen Muggeln während der Reise bis in den Norden Schottlands gesehen worden. Um diesem Problem Herr zu werden, versuchte man zuerst, die Kinder mit Portschlüsseln zur Schule zu lotsen. Leider erwies sich auch diese Lösung als nicht wirklich zufriedenstellend – viele Kinder verpassten die Schlüssel, die in der magischen Welt häufig als ein Stück Müll getarnt sind, einfach. Nachdem die Muggel die Lokomotiven erfunden hatten, entwendete eine Spezialoperation des Zaubereiministeriums ein Exemplar – und veränderte es auf magische Weise für die Bedürfnisse der Schulkinder. Trotz anfänglicher Vorbehalte in der magischen Gemeinschaft – ob eines „schmutzigen“ und von den Muggeln erfundenen Transportmittels, setzte sich der Hogwarts Express schlussendlich durch – und bringt seitdem jedes Jahr die Schülerschaft zum magischen Internat – und auch wieder zurück.

Die Erwartungen an das Set

Schon kurz nach der offiziellen Vorstellung des Sets bildeten sich quer durch die AfoL Community zwei Lager, die man auch in unserer Kommentarspalte ablesen kann. Auf der einen Seite sind da all jene, die ich mal unter das Lager „Eisenbahner“ fassen würde. Diese Gruppe hat das 2020 erschienene 10277 Krokodil begeistert aufgenommen – und bei den ersten Gerüchten zum Hogwarts-Express auf eine fahr- und motorisierungsbereite Dampflock gehofft. In etwa vergleichbar mit dem Set 71044 Disney Zug und Bahnhof  – nur mit dem Reiz einer real existierenden und auch im regulären Personenverkehr eingesetzten Lokomotive.

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LEGO Disney Zug und Bahnhof 71044 | © Andres Lehmann

Die andere Fraktion hoffte eher auf ein detailliertes Ausstellungsstück – also ein Ensemble, dass die Szenen der Filme möglichst realistisch darstellt. Beide Positionen mit ihren jeweiligen Für- und wider-Argumenten lassen sich auch sinnbildlich im LEGO Onlineshop ablesen – man muss nur einen Blick in die dortigen Bewertungen werfen. LEGO hat sich schließlich für die zweite Variante entschieden. Vor- und Nachteile dieser Umsetzung stelle ich euch in diesem Review vor.

Das Modell im Detail

Der Aufbau stellt sich gewohnt problemlos dar – die vier Anleitungshefte lassen keine Fragen offen. Im ersten Heft wird wieder die Umstellung auf Papiertüten angekündigt – aber auch bei diesem großen Set mit 48 Tüten ist bisher noch keine der nachhaltigeren Verpackungen aufgetaucht. Ich bin gespannt, ob diese mit der Januarwelle in größerem Maßstab Einzug halten.

Schön sind die kleinen Kommentare, die an verschiedenen Stellen der Anleitung sowohl Teile der Geschichte aus Buch und Film erzählen – oder auch auf besondere Bautechniken hinweisen.

Lokomotive

Die Lokomotive ist spannend konstruiert – gerade der Kessel, der sich durch ungewöhnliche Bautechniken nach vorne verjüngt.

Der Kessel verjüngt sich nach vorne

Wie im Original verfügt die Lokomotive über drei große Antriebsräder sowie zwei Vorlaufräder. Bei den Vorlaufrädern handelt es sich um die „normalen“ großen Räder – wie sie von LEGO bisher immer für große Lokomotiven eingesetzt worden sind. Die großen Antriebsräder sind ein komplett neues Element. Ich bin gespannt, ob diese auch von Moccern für Eisenbahnen eingesetzt werden – zweifele aber an ihrer Kurvengängigkeit.

Die Antriebsräder sind dabei mit einem Gestänge verbunden, das im Vergleich mit dem Original jedoch etwas vereinfacht worden ist. Hinten hat die Lokomotive eine offene Kabine für den Lokomotivführer mit Anzeigen und gebauten Steuerhebeln. Der Lokomotivführer wirkt hier jedoch etwas verloren ob der schieren Größe des Modells.

Antrieb

Über eine Kurbel, die dem Set beiliegt, können die Räder angetrieben werden. Dazu muss die Kurbel auf die Technic-Achse auf dem Dampfkessel gesteckt werden. Die Lokomotive ist dafür etwas erhöht auf Halterungen im Gleisbett gelagert – dies führt dazu, dass sich die Räder drehen, ohne dass sie einem wegfährt.

Ansatzstelle für die Kurbel

Apropos bewegt: Kurvengängig ist das gesamte Modell überhaupt nicht. Selbst dann, wenn es Kurven im entsprechenden Radius und entsprechender Spurbreite geben würde. Denn die Vorlaufräder der Lokomotive sind genauso wie die Räder des Waggons fest mit dem jeweiligen Gehäuse verbunden und können sich nicht nach links oder rechts drehen.

Minifiguren – das Zugpersonal

Zwanzig Minifiguren auf einmal vorzustellen wäre glaube ich wirklich etwas langweilig – daher werde ich das immer an der passenden Stelle einstreuen. Hier also das Zugpersonal – Lokomotivführer sowie die Imbisshexe mit ihrem Imbisswagen. Beide präsentieren sich in dunkelroter Dienstkleidung und sind exklusiv in diesem Bausatz zu finden.

Tender

Beim Bau des Tenders stellt man sich das erste Mal die Frage, wie groß dieses Modell denn werden soll – denn dieser hat eine Größe, die viele normale Personenwaggons der letzten Jahre locker in den Schatten stellt. Er ist 31 Noppen oder 25 Zentimeter lang, elf Noppen / neun Zentimeter breit und elf Zentimeter hoch. Beim Bau werden sehr viele Steine verwendet, um einfach „Masse“ zu schaffen – was aber auch nichts daran ändert, dass auch hier tolle Bautechniken verwendet werden, etwa um die umlaufende, eine halbe Noppe nach vorne stehende, gelbe Kante zu zeigen. Auch der Kohlenhaufen sieht gut aus.

Umlaufende Kante

Gleisbett & Schienen

Gleisbett

Da der Tender alleine recht schnell geschafft ist, wird mit dieser Bauanleitung auch das Gleisbett mit den Schienen gebaut. Das LEGO Modell weist eine Spurbreite von sieben Noppen auf – also eine Schiene – fünf Noppen Abstand – Schiene. Zum Vergleich:- das normale LEGO Schienensystem arbeitet mit einer Spurbreite von sechs Noppen (Schiene – vier Noppen Abstand – Schiene). Die Gleisstrecke ist in der Hälfte geteilt, und kann, etwa zum Transport, auseinandergezogen werden.

Waggon

Der Waggon im Überblick

Der Waggon übertrifft die Lokomotive noch einmal an Länge und ist einfach unfassbar groß. Er ist insgesamt 48cm  oder 60 Noppen lang. Statt der bislang üblichen sechs, sieben oder acht Noppen Breite (AfoL-Eisenbahner sprechen hier auch von „wide“, also six / seven/ eight wide, wenn es um die Breite der Waggons geht), ist dieser Waggon 12 Noppen breit. Seine Räder sind ebenfalls die bisher „großen“ Eisenbahnräder, die in den letzten Jahren immer für Lokomotiven wie das Krokodil, den Weihnachtszug oder den Emerald Night Express verwendet worden sind.

Der Waggon fängt das Aussehen des Originals aus den Filmen fast 1:1 ein. Dazu gehört auch, dass er tatsächlich über zu öffnende Türen verfügt. Etwas, dass bei den letzten drei LEGO City Personenzügen immer gefehlt hat – bei dem diesjährigen Nachfolger aber endlich umgesetzt worden ist. Hinter den Türen befinden sich zwei detaillierte Eingangsbereiche – inklusive einer Gepäckaufbewahrung mit vier Koffern in den Hausfarben.

Türbereich mit Kofferablage

Der Sitzbereich teilt sich in  zwei Abteile sowie ein Großraumabteil auf. Jedes Abteil beleuchtet eine wichtige Szene aus den Büchern und Filmen. Ausgestattet sind alle Abteile mit einem detailgetreuen Interieur. Während des Aufbaus (noch ohne Dach) ließen sich die Bereiche besser ablichten – daher anbei folgend einige Eindrücke.

Beleuchten ist dabei das richtige Stichwort: Um die Schauplätze in Szene zu setzen sind im Dach insgesamt drei gelbe Light-Bricks verbaut, die auf Knopfdruck aufleuchten.

Lichtsteine

Das sieht im Dunkeln oder im Dämmerlicht auch sehr ansprechend aus – man muss allerdings Abstriche bei der Optik hinnehmen, da die Steine zum Dach hin nicht noch einmal separat verkleidet worden sind. Die Seitenwände können sowohl an der Vorder- als auch der Rückseite abgenommen werden, um die Figuren in Augenschein nehmen zu können. Bei den Eingangsbereichen am Ende kann das Dach abgehoben werden. Die Abteile sind von hinten mit einem Gang verbunden und über Abteiltüren (bedruckte Scheiben der Größe 4×6) zu „begehen“.

Der Gang hinter den Abteilen

Abteil 1 – Die erste Begegnung

Na – Frosch im Hals?

Die drei Abteile sind chronologisch angeordnet. Daher stellt die erste Szene fast folgerichtig Harrys allererste Fahrt mit dem Hogwarts Express dar. Wir erinnern uns: Harry, noch in den von Dudley abgelegten und für ihn viel zu großen Klamotten, trifft auf Ron Weasley- sie werden nach dieser Begegnung über ihre gesamte Schulzeit Freunde bleiben. Harry genießt es, das erste Mal in seinem Leben von seinem eigenen Geld Süßigkeiten kaufen zu können. Während der Zugfahrt schaut Hermine Granger in ihr Abteil herein – die Neville Longbottom dabei hilft, seine Kröte wiederzufinden. Von ihr stammt auch das Zitat, das LEGO für diese Szene ausgewählt hat: „Has anyone seen a toad? “ (Hat irgendwer eine Kröte gesehen?). Die Zitate werden jeweils als Sticker auf eine abgerundete 2×4 Fliese geklebt. Das Abteil ist mit einer Vielzahl magischer Süßigkeiten ausstaffiert. Und Nevilles Kröte hat sich im vorderen Teil des Waggons, gegenüber des Kofferstapels, versteckt.

Minifiguren

Die vier drei Minifiguren verfügen natürlich noch über die kurzen Kinderbeine – schließlich sind unsere Protagonisten hier noch Schulanfänger.

Während Hermine etwas unauffällig bleibt, erhalten wir Harry noch einmal mit dem spannenden Torsodruck, der Dudleys weites Shirt und Hose betont sowie mit seiner gebrochenen Brille. Eine schöne Abwechslung in meiner „Harry“ Armee :). Bei Ron freut mich besonders der Gesichtsprint: Hier erkennen wir einen Schmutzfleck – da, wo eigentlich die Nase sein müsste. Dieser Fleck ist in den ersten Szenen des ersten Teils eine Art Running Gag: Nacheinander weisen zuerst seine Mutter, dann seine Brüder und schließlich auch Hermine ihn darauf hin, nur gereinigt bekommt Ron sein Gesicht irgendwie nicht. So etwas ist für mich die Detailverliebtheit bei Lizenzsets, über die ich mich beim Bau besonders freue.

Abteil 2 – Begegnung mit Dementoren

Eiseskälte – na ja, mehr oder minder

Vom zweiten Film gibt es natürlich keine Szene – denn in diesem Roman benutzen Ron und Harry ja nicht den Zug, um zur Schule zu kommen. Stattdessen fliegen sie im magisch verhexten Ford seines Vater – was schließlich im Desaster endet. Im dritten Teil benutzen sie dann wieder brav zusammen mit Hermine den Zug – verpassen aber erneut beinahe die Abfahrt. Daraus resultiert, dass sie kein freies Abteil mehr finden. Sie setzen sich notgedrungen in ein Abteil mit Professor Lupin – ihrem zukünftigen Lehrer für Verteidigung gegen die dunklen Künste. Dieser verschläft den Großteil der Zugfahrt. Bereits kurz vor dem Ziel wird diese jedoch unterbrochen. Das Licht erlischt – keiner weiß, was passiert. (vor diesem Hintergrund ist der Lightbrick an der Decke eigentlich fehl am Platz 🙂 ) Außerhalb des Waggons sind schemenhafte Gestalten zu erkennen – und Ron flüstert: „Ich glaube, jemand kommt an Bord“. Dementoren inspizieren den Zug auf der Suche nach Sirius Black. Harry bricht in ihrer Anwesenheit zusammen, doch Lupin verscheucht den Dementor mit Hilfe eines Patronus-Zaubers.

Minifiguren

Unsere drei Hauptcharaktere sind inzwischen etwas gealtert – und verfügen jetzt über die mittellangen, beweglichen Beine. Alle drei haben sich noch nicht umgezogen – und sitzen noch in ihrer Alltagskleidung im Zug. Lupin weist einen Print auf den Beinen auf – leider ist er neben Luna die einzige Figur, deren Beine bedruckt ist.

Abteil 3 – Rettung durch Luna

Ach, hier bist du!

Die letzte Szene wird im „Großraum-Abteil“ des Waggons dargestellt. Im sechsten Teil, Harry Potter und der Halbblutprinz, versucht Harry, ein Gespräch der Slytherins um Draco Malfoy zu belauschen. Dazu schleicht er sich, unter seinem Tarnumhang versteckt, in ihr Abteil und versteckt sich in der Gepäckablage. Zu seinem Unglück hat Malfoy bei diesem Manöver jedoch seinen Schuh gesehen – und nutzt die Gelegenheit, Harry in der Falle zu haben. Nachdem seine Freunde bereits ausgestiegen sind, zieht er Harry den Tarnumhang herunter und verpasst ihm einen Schockzauber. Danach versetzt er ihm einige Schläge. Zu guter Letzt verdeckt Malfoy Harry mit seinem eigenen Tarnumhang. Harry ist somit bewegungsunfähig und kann auch nicht gesehen werden – es sieht also ziemlich übel für ihn aus. Im Buch wird er jedoch von Tonks, im Film von Luna Lovegood gefunden – ich frage mich bis heute, wie die beiden ihn gefunden haben sollen. Das Zitat stammt ebenfalls von Luna: „Wrackspurts! Your head is full of them.“ („Schlickschlümpfe! Dein Kopf ist voll davon.“).

Minifiguren

Malfoy, Harry und Luna sind als Figuren dem Set beigelegt. Alle drei sind mit den normallangen Beinen ausgestattet – denn sie sind ja auch etwas älter geworden. Lunas Beine sind bedruckt – schöner wäre jedoch ein Stoffelement gewesen, wie es bereits 2018 in der ersten Harry Potter Minifiguren Sammelserie für genau diese Figur eingesetzt worden ist.

Exkurs: Maßstäblichkeit

Jetzt kommen wir zu einem wirklich schwierigen Thema, das auch mich nicht loslässt, seit das Set vorgestellt worden ist. Ich hoffe, dass ich meinen Gedankengang verständlich darlegen kann. Denn hier treffen wirklich auch bei mir verschiedene Wünsche aufeinander. Zuerst einmal müssen wir festhalten: Vor uns steht nach dem Bau der erste LEGO Eisenbahnwaggon, der konsequent so aufgebaut ist, wie es ein Eisenbahnwaggon im Original auch ist. Er verfügt über Abteile mit funktionierenden Abteiltüren (tolles neues Element!), mit je vier für Minifiguren geeigneten Sitzen, die sogar über klappbare Armlehnen verfügen.Über den Sitzen befinden sich sogar Gepäcknetze.

Dahinter ist jedoch nicht „Schluss“, wie man es bei einem Display-Modell hätte erwarten können. Vielmehr ist auch noch der Gang zu den Abteilen umgesetzt – einfach alles „wie im Original“. Das ist beim Bau ein tolles Gefühl – da man merkt, welchen Spaß auch die Designer dabei hatten, tatsächlich einmal genug Platz zu haben, alle Feinheiten des Originals „auszumalen“.

Minifiguren und 6 wide – das geht nicht zusammen

Hier kommen wir aber zum Problem. LEGO ist grundsätzlich schlecht dafür geeignet, tatsächlich maßstabsgetreue Modelle zu entwerfen. Dies war ja auch lange Zeit nicht der Anspruch – doch mit der stärkeren Annäherung an die erwachsene Zielgruppe hat sich LEGO immer mehr zum Modellbau hin bewegt. Eine maßstabsgetreue Umsetzung von Fahrzeugen, die sowohl zu den Minifiguren als auch zu dem bisher erschienenen Straßen- oder Schienensystem passen soll, ist schlicht nicht möglich. Bei der Speed-Champions Themenwelt haben wir dies mit der Verbreiterung der Fahrzeuge auf acht Noppen schon vor einigen Jahren gesehen: Die neuen Flitzer passen nicht mehr auf die Straßenplatten.

Die Breite der Figuren ist das Problem

Wo aber liegt das Problem? Vor allem sind die LEGO-Minifiguren „viel zu breit“. Eine normale Minifigur ist etwa vier Zentimeter hoch – und mit Armen ca. zweieinhalb Zentimeter breit. Rechnet man die Höhe der Minifigur auf die Größe eines Menschen um (ich habe 1,80 Meter genommen, das ergibt eine runde Zahl zum Weiterrechnen), kommt man auf einen Maßstab von 1:45. Rechnet man von diesem Maßstab aus auch die Breite um – ein Durchschnittsmensch wäre etwa 1,10 m breit. Das kann nicht passen 🙂 Selbst wenn man den klassischen Minifiguren-Sitz zur Hand nimmt – er wäre in der Realität 67,5 cm breit. Und eine Sitzfläche von fast 70 cm mit noch einmal 35 cm Armstützen im ICE wäre zwar sicherlich wünschenswert – in der Realität sind es aber eher rund 50 cm. Hinzu kommt: Fahrzeugwände aus LEGO-Steinen sind im Vergleich zu den Vorbildern ebenfalls nicht maßstabsgetreu: Eine Wand, die eine Noppe (0,8 cm) stark ist, wäre maßstabsgetreu 36 cm dick – ebenfalls viel zu massiv im Vergleich zur Realität. Man sieht also: Es sind also immer Kompromisse gefragt.

Welche Lösungen gibt es?

Die klassische Möglichkeit, dieses Problem zu umgehen besteht darin, Züge in der „normalen“ LEGO Größe, mit einer Spurweite von sechs Noppen und einer Wagenbreite von höchstens acht Noppen aufzulegen. Dann bleibt der Zug kurventauglich. Auch bei diesem Modell hätten die Abteile gerade so in den Wagen gepasst – der Gang und somit die realistische Innenausstattung des Wagens wäre allerdings hinten heruntergefallen. Um den Waggon nicht zu lang werden zu lassen, hätten für alle drei Szenen zwei Waggons gebaut werden müssen. Die andere Möglichkeit, für die sich die Designer entschieden haben, besteht nun einmal darin, das klassische Eisenbahnsystem hinter sich zu lassen – und den Waggon tatsächlich streng nach den „Bedürfnisen“ der Minifigur auszurichten. Dies hat dann schlussendlich zu der Breite von zwölf Noppen geführt.

Passend für Minifiguren – aber nicht maßstäblich

Wobei auch hier gesagt werden muss – maßstäblich ist das nicht. Man orientiert sich hierbei an der Breite der Minifigur von zwei Noppen – was dafür sorgt, dass auch Lokomotive und Waggon zu breit sind. Die Lokomotive ist im Original 19,21 Meter lang – wenn man vom Maßstab 1:45 ausgeht, ist sie im LEGO Modell jedoch nur 16,20 Meter lang. Gleichzeitig ist sie jedoch zu breit – im Original 2,72 Meter –  das LEGO Modell ist „übertragen“ jeoch 4,05 Meter breit. Auch die Höhe passt nicht in den Maßstab. Im Original ist die Lok 4,04 Meter hoch, das LEGO Modell jedoch 6,10 Meter.

Mit LEGO tatsächlich „maßstabsgetreu“ zu bauen, ist immer schwierig, und mit Minifiguren meiner Meinung nach gar nicht umsetzbar. Weil bisher immer von der Spurbreite aus gedacht wurde, mussten die Details im Innenraum bislang immer zurückstecken – hier haben die Designer dieses Mal den Spieß umgedreht.

Bahnsteig 9 3/4

Gleis 9 3/4

Abschließend konstruieren wir den Haltepunkt für unseren Express – Bahnsteig 9 3/4. Dieses magische Gleis verbirgt sich im Bahnhof King´s Cross – zwischen den Gleisen neun und zehn. Dort muss man am Abfahrtstag mit einer ziemlichen Bestimmtheit mitten in eine Backsteinmauer hineinlaufen – und landet dann auf dem magischen, für Muggel nicht sichtbaren, Bahnsteig.

Zuerst bauen wir eine Art Fundament, damit unsere Minifiguren auch auf die Höhe der Zugtüren kommen können. Danach wird gefliest und der Bogen gebaut – und dieser Bau macht richtig Freude! Der Bogen wird auf dem Kopf gedreht zusammengesetzt und mit tollen Bautechniken realisiert – die man sonst eher aus MOCs kennt.

Auch die Dekoration mit flex axles und Lampen gefällt. Besonders ist mir hier die „Innenauskleidung“ der Bögen mit vielen tan-farbenen Gelenken ins Auge gefallen. Hinten wird auch eine Plakette ergänzt – die den Hogwarts Express als Sammelstück ausweist.

19 Jahre danach…

Und neben der Architektur stellt der Bahnsteig sicherlich auch für alle Minifigurensammler das absolute Highlight dar. Denn LEGO stellt hier die Szene aus dem letzten Kapitel des letzten Bandes nach. Dieses Kapitel macht einen gewaltigen Zeitsprung – und stellt in kurzer Form dar, was den Charakteren in den letzten 19 Jahren widerfahren ist:

Harry und Familie …

Harry und Ginny haben genauso wie Ron und Hermine geheiratet – und bringen jetzt ihre eigenen Kinder zum Hogwarts Express. LEGO hat hier die gesamte Familie Potter umgesetzt – also Harry und Ginny als erwachsenes Paar sowie ihre drei Kinder Albus Severus, James Sirius und Lily Luna. Diese fünf Charaktere dürften höchstwahrscheinlich für immer exklusiv in diesem Bausatz bleiben. Das Zitat stammt von Harrys Sohn, der seinen Vater vor der ersten Abfahrt fragt: „Was passiert, wenn ich nach Slytherin komme?“

Als „Beiwerk“ hat LEGO noch eine „namenslose“ Ravenclaw Schülerin sowie einen Huffepuff Schüler mit Gepäckwagen beigelegt, die beide bisher ebenfalls exklusiv in diesem Set erschienen sind. Erwähnenswert ist noch das Zugticket, das auf eine 1×2 Fliese gedruckt ist und dem Set zweimal beiliegt.

Minifiguren

Alle Figuren der letzten Szene sind bisher exklusiv in diesem Set erschienen. LEGO hat hierfür wiederum einige neue Torsoprints umgesetzt. Die Ravenclaw Schülerin kommt dabei mit „dual-moulded“-Beinen sowie einem Rock – minifigurentechnisch auch ein Highlight. Harry ist erkennbar erwachsen geworden – und bringt seine Kinder in Anzug und Hemd zur Bahn – eine große Weiterentwicklung im Vergleich zum ersten Teil und den abgelegten Kleidungsstücken von Dudley.

Der Bausatz wurde mir von LEGO für das Review zur Verfügung gestellt – das Review gibt aber nur meine eigene Meinung wieder.

Fazit

Welches Fazit lässt sich schlussendlich ziehen? Die Vorstellung, einen Zug passend zu Minifiguren zu bauen und darin Filmszenen ohne Kompromisse zu integrieren, hat das Set hervorragend umgesetzt. Es bereitet viel Freude beim Aufbau, die detaillierte Inneneinrichtung von den Abteiltüren über die Armlehnen bis zu den Gepäcknetzen zusammenzusetzen. Leider sind diese Details zu Lasten der Kurventauglichkeit und der klassischen Spurbreite gegangen. Während der Innenausbau wirklich toll ist, blutet mein Herz als Eisenbahnfan, wenn ich „Drehgestelle“ fest mit dem Wagengehäuse verbinde, weil sie nie durch Kurven passen können.

Die Minifiguren sind schön – für meinen Geschmack hätten es bei einem exklusiven Set für erwachsene Fans und Sammler in dieser Preisklasse jedoch eine Handvoll mehr Bein-Prints sein können – und wenn es nur die klassische Jeanshose gewesen wäre. So bleibt es bei vier Prints von „dual moulded“-Beinen bei zwanzig Minifiguren – für mich bei einem Austellungsstück etwas mager. Wirklich überzeugt hat mich der Bahnsteig – sowohl aufgrund der pfiffigen Bautechniken, als auch der tollen Detailauschmückung mit Laternen und Co. Ich  persönlich glaube, dass man mit einer etwas abgespeckten Innenausstattung, zwei kurvengängigen Waggons in der Breite von acht Noppen und der Vorbereitung der Motorisierung der Lok noch mehr Fans hätte zufriedenstellen können.

So bleibt es ein tolles Ausstellungsstück für Harry Potter Fans – die AFOL-Eisenbahner müssen sich leider weiter gedulden – können sich aber auf den anstehenden Orient Express in der LEGO Ideas Reihe freuen.

Eure Meinung!

Wie gefällt euch der Bausatz – freut ihr euch über ein tolles Ausstellungsstück oder hätte euch eine motorisierte oder motorisierbare Version besser gefallen? Kommt das Set aktuell als Einkauf am VIP-Wochenende für euch in Frage? Schreibt eure Gedanken gerne in die Kommentare!

Johann Härke

Interessiert sich für LEGO Harry Potter, Modular Buildings und Beleuchtung seiner Stadt.

13 Kommentare Kommentar hinzufügen

  1. Danke für das schöne Review. Ich hatte schon mit dem Zug geliebäugelt, und ihn dann live in Yokohama im LEGO Store gesehen. Da war die Entscheidung gefallen 🙂 Den Bahnsteig fand ich auch herausragend, sowie natürlich die eigentliche Größe des Zuges.
    Eben bestellt mit 100€ Rabatt über die VIP Aktion (hoffe es gibt ihn am Black Friday dann nicht mit 21% Nachlass…. 😉 ).
    Als Nicht-Eisenbahner (seit der Abschaffung des Trafos war das Thema bei mir durch.. Fernbedienung, pfffft 😉 ) tangiert mich Spurbreite oder Kurvenfahrbarkeit weniger. Der Aufbau passt perfekt in die Weihnachtszeit (wobei ich gar nicht so genau weiß, warum…), und ich freue mich sehr auf das Set.
    Schönen Gruß aus Japan!

  2. Was für ein großartiges Modell! Johann, Du hättest Dein Review mit einer Warnung vor Nebenwirkungen (Shopping-Reflex, Gier, …) versehen sollen, so im Sinne von „Obacht! Das Lesen dieses Artikels kann zu Spontankäufen führen. Obacht! Ich war ein leichtes Opfer (((-: Und dann auch noch mit Rabatt und zwei GWP! Deine Ausführungen zu den Maßstäblichkeiten sind super! Das draußen aufgenommene Foto mit dem ganzen Zug im Abschnitt zur Rolle des Zuges im Roman ist mein Favorit. Vielen Dank für Deine Rezension!

  3. Ein ausgezeichneter Artikel. Vielen Dank für diesen detaillierten Beitrag. Überaus gut in Szene gesetzt. Als Muggel ohne großen Bezug zu Harry Potter Universum überkommt mich das Gefühl, einen ungewöhnlichen Eye-Catcher vielleicht bald mein Eigen nennen zu dürfen. Was für ein Review! Mehr davon bitte.

  4. Vielen herzlichen Dank für das detaillierte, tolle Review!!! Seit gestern bin ich am bauen und gerade am Anfang, an der Lok. Schon jetzt bin ich hin und weg. Es ist einfach nur toll!!!
    Für alle die jetzt an das leidige Thema Lego/Kosten denken, hab ich ein kleines Goddie: das Set beinhaltet nur einen kleinen Stickerbogen;-)))

  5. Lieber Johann, ach, ja, wir waren wohl alle beim Shoppen – auf mich trifft das jedoch nur teilweise zu – ich lese das Review erst NACH Weihnachten – ich hoffe auf das Christkind und genieße immer so die Überraschung. Ich lese es also noch später, um mich zu laben.
    Im Übrigen – Lego hat mir tatsächlich VIP Punkte geschenkt – früher Kauf, 100 Euro Rabattgutschein paar Tage später…Ihr wisst schon.
    Ich finde das unglaublich nett und bin auch begeistert, wie dieses Jahr VIP Wochenende und Black Friday organisiert sind – gerade kam das zweite Fahrgerät zum Vorschein, da habe ich dann doch noch den Code für das erste eingesammelt – bevor ich mich ärgere.
    Freue mich schon!
    Also Dank für Deine Mühe und bis nach Weihnachten – wenn alles läuft 😉

  6. Ein schönes Set, dass ich mit genügend freiem Platz und ohne Sticker wahrscheinlich gekauft hätte. Die Idee der beleuchteten Szenen im Zug gefällt mir extrem gut! Die Kritik der Eisenbahnfans verstehe ich nur bedingt, es gibt doch meines Wissens nämlich schon einen Hogwarts-Express, der mit dem herkömmlichen Schienensystem kompatibel ist? Kenn mich da leider zu wenig aus, um das beurteilen zu können.

  7. Danke für das tolle Review!
    Der Habenwollenreflex ist dank neuem Erdenbürger und des Platzmangels zum Glück nicht so groß. Die Minifiguren hätte ich zwar gerne, aber das reicht nicht als Kaufgrund. Hier liegt auch mein größter Kritikpunkt: Statt anonymen Hufflepuff (es kann eigentlich gar nicht genug Hufflepuffs geben!) hätte ich mir Teddy Lupin gewünscht, der in der Szene im Buch erwähnt wird, und zusätzlich Hugo und Rose.

    Und um auf den Kommentar über mir zu antworten: Ja, gab es. In der ersten Welle. Mit Lupin und Dementor. 🙂 Damals mit Powerfunctions okay motorisierbar… War eines der schönsten Harry Potter Sets, meiner Meinung. Bis zur Winkelgasse habe ich alle und seit das modulare Hogwarts da ist, wird nur noch ausgewählt gekauft… 🙂

  8. Ich hab das Wunderding schon im LEGO-Store gesehen, aber ist halt nicht meine Baustelle. Bin weder zug- noch HP-süchtig. Beim Preis bin ich eh raus. Objektiv gesehen ist es aber gut gemacht. Irgendwie wäre es auch hier witzig gewesen, wenn der fliegende Ford Anglia dabei gewesen wäre, mit dem die Wunderknaben in einem der Filme dem Zug hinterherfliegen. ich hätte auch den Bahnsteig einfach länger gemacht. Das ist irgendwie nix Ganzes und nix Halbes und wirkt einfach komisch.

  9. Sind die Schienen eigentlich kompatibel zum 12V System aus den 80ern (also abgesehen vom der Farbe)?

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